Samstag, 25. September 2010

Leid und Freude

Angekommen in Genf plagten mich sowohl Kopf- als auch Schulterschmerzen waehrend beinahe sieben Tagen. Selbst in meinen Traeumen verfolgten mich diese unangenehmen Leiden und liessen mich mehrmals erwachen.
Zusaetzlich macht sich schon seit einigen Wochen ein schwer zu beschreibenedes Gefuehl, lokalisiert beim linken Ohr, bemerkbar. Eine Empfindung die ich zuvor nur waehrend des Gaehnens oder bei steigendem Fieber spuerte. Gluecklicherweise ist es nicht permanent.

Abgesehen von diesen Unannehmlichkeiten genoss ich meinen Zeit in Genf.
Die Grosseltern meiner Gastgeber unterhalten einen grossen Frucht- und Gemuesegarten, welcher sich direkt hinter dem Haus befindet. Frueher konnten sich dort dutzende von verschiedenen Pflanzen und Blumensorten in aller Farbenpracht entfalten. Mit dem Verkauf dieser Produkte verdienten sie sich ihren Lebensunterhalt. Doch seit der Pensionierung lassen sie Lebensmittel in dieser Erde gedeihen.
Fuer die meisten Mahlzeiten wurden Obst und Gemuese frisch aus dem Garten gepflueckt und zu leckeren sowie gesunden Menues verarbeitet. Sogar Kiwis wachsen in diesem Ort!

Speziell am Aufenthalt in Genf war auch noch die Empfindung, als ob ich viele der Ereignisse und die Umgebung bereits aus Traeumen kannte oder sie sich wie ein Déjà Vu anfuehlten.
Dieser Zustand kannte ich noch von meiner ersten Fahrradreise, als die Reise durch Kroatien ging. Im Gegensatz zu damals, machte sich diesmal eine unangenehme Vorahnung bemerkbar.
Es erschein mir wie ein Albtraum in dem man weiss, dass man bald zu sterben hat. Dieses Schicksal soll einem widerfahren, unabghaengig jeglicher Entscheidung.
Entscheidungen wie:
Diesen Ort bald moeglichst verlassen oder noch einige Tage verweilen. Die Reise abbrechen und mit dem Zug nach Hause oder weiter per Fahrrad wie geplant.
Ich entschied mich fuer sehr vorsichtiges Verhalten im Strassenverkehr und die Fortsetzung der Fahrt nach Frankreich.

Schon am zweiten Tag, nach der Grenzueberquerung, waren sowohl meine permanenten Schulter- und Kopfschmerzen verschwunden als auch das mulmige Déjà Vu Empfinden.
Am darauf folgenden Tag, fuehrte mich der Weg durch die von der waermenden Morgensonne erleuchtete Franzoesische Landschaft. Abwechslungsweise zogen kleine, verschlafene Doerfer oder einsam in der Natur stehende Bauernhoefe vorbei. Dazu ertoente heimatliche Musik von "Züri West" aus den Kopfhoerern meines Musikplayers. Diese Konstellation, verbunden mit dem Freiheitsgefuehl sehr unabhaengig unterwegs zu sein, liess ein extremes Gluecksgefuehl in mir erwachen. In dieser Situation lockte mir der entgenkommende Wind noch einige kleine Traenen aus den Augen. Vielleicht war da aber auch die eine oder andere Freudentraene mit dabei?Wenige Tage spaeter, machte ich Bekanntschaft mit einem weniger erfreulichem Ereignis.
Ausserorts standen zwei Autos mit aktivem Pannenblinker am Strassenrand. Ich hielt an.
Nach kurzem Wortwechsel mit den zwei Besitzer dieser Fahrzeuge wurde mir bewusst, dass sie sich nicht in wahrhaftiger Not befinden, sondern lediglich versuchen Geld von hilfsbereiten Menschen zu erschwindeln. Fuer "nur" 20 Euro wollte man mir einen goldenen Fingerring andrehen.
"Das Geld brauche ich fuer Treibstoff und Essen fuer meine armen Kinder welche im Vehikel warten", erklaerte mir einer der Maenner. Momentan habe er leider nur Rumaenisches Geld, das er in Paris gegen Euro eintauschen wird.
Mit der Notluege: "ich habe leider nur 2 Euro", verliess ich diesen Ort.
Ungefaehr 10 Kilometer weiter suedlich (Gegenrichtung von Paris) stoppte ich um Proviant zu kaufen. Zufaelligerweise kreuzte mich dort ein Polizeiauto. Den dazugehoerigen Beamten probierte ich, in einem Gemisch aus Franzoesisch und Englisch, von diesem Vorfall zu erzaehlen.
In der selben Minute wo der Polizeiwagen in Richtung der beschriebenen Stelle losfuhr, erspaehten meine Augen, durch das Schaufenster eines Supermarktes hindurch, einer der Trickdiebe. Bevor ich den Laden betreten konnte brach ich die Mission "Einkauf" ab und machte mich aus dem Staub.
Als ich ueber die Parkflaeche des Einkaufladens raste, vernahm mein Gehoer jemanden laut bruellen. Dieser jemand kannte ich! Es handelte sich um den zweiten Trickdieb.
Aus sicherer Distanz sah ich seine, an mich gerichteten, Armbewegungen, welche soviel beudeten sollten wie:
"Hey! Ich hab's gesehen! Du hast uns bei den Bullen angeschwaerzt!"
Waehrend der fortgesetzten Fahrt, bis zu meinen Gastgebern in Saint-Paul-Trois-Chateaux, wanderten meine Blicke des oefterns in den Seitenspiegel, um mich zu vergewissern, dass mir niemand folgt.

Mein drei taegiger Aufenthalt in Saint-Paul-Trois-Chateaux genoss ich in vollen Zuegen.
Ich hauste bei einer sehr gastfreundlichen Familie (von Couchsurfing) in einem Zimmer ausserhalb des Hauses. Viel und koestliches Essen, Grillieren, Swimming Pool, gut gelaunte Leute und zwei kurze Ausfluege in die umgebende Natur liessen ein Gefuehl von Ferien aufkommen.
Nach kurzen Besuchen in Avignon, Nimes, Montpellier sowie drei weiteren kleineren Ortschaften entlang der Kueste Suedfrankreichs, befinde ich mich in Perpignan (weniger als 50 km vor der Spanischen Grenze).