Montag, 4. Juli 2011

Probleme und Russische Gastfreundschaft

Schon wenige Minuten nach Ulaangom mussten wir eine erste Zwangspause einlegen. Ein platter Reifen musste repariert werden.
Im Gegensatz zu den Fahrradproblemen, welche noch auf uns zukommen sollten, war das eine sehr kurzweilige Pause.
Wenige Tage verstrichen und an Gabriels Hinterrad zerbrachen zwei Speichen. Esrt nach mehreren Versuchen brachten wir es fertig, die in die Brueche gegangenen Speichen durch neue zu ersetzen.
Am folgenden Tag schwankte das selbe Rad von links nach rechts.
Die Schraubenmuttern der Hinterradachse drehten durch und liessen sich somit weder loesen noch anziehen. Grund war das abgenutzte Gewinde der Fahrrad Achse. An eine Mitfahrgelegenheit war nicht zu denken. Zu selten sahen wir Fahrzeuge auf unserem Weg.
Somit mussten wir erfinderisch werden, um das Velo wieder fahrtuechtig zu machen.
Mit einer kleinen Eisensaege, welche sich im "Swiss Tool" befindet, wurde das Gewinde notduerftig abgefeilt. Die Achse verschoben wir ein wenig und montierten neue Muttern.
Ungefaehr einen weiteren Tag spaeter war die Zeit fuer mein Hinterrad gekommen. Kurz vor einer Passhoehe machten sich beunruhigende Gerauesche, hinten am Rad, bemerkbar.
"Vielleicht ist es nur das Trettlager welches das Geraeusch verursacht oder das Rueckrad muss wieder einmal geoelt werden?", dachten wir zuerst.
Waehred der Abfahrt verstummte dann das "Knacken". "Super, das Problem hat sich von alleine geloest", johlte ich durch die menschenleere Landschaft. Zu frueh gefreut! Noch bevor diese Euphorie sich legen konnte, musste ich mein Fahrrad anhalten. Das Hinterrad schwankte von einer zur anderen Seite. Aus dem Jubeln wurde ein Fluchen. Ein Kugellager Ring war voellig verbogen und die Kugeln rollten zwecklos im Lager umher. Nun hiess es:
Achse abschrauben, Ring hinaus operieren, zusaetzliche Kugeln und Fett hinein, Achse anschrauben und das ganze Rad zurueck an das Fahrrad.
Diese Geschichten lesen sich unheimlich leichter, als sie zu bewaeltigen waren. Jedesmal verstrichen viele Minuten/Stunden bis das Problem gefunden und oder behoben wurde.
Weitere kleinere Probleme sollten folgen. Gabriels und meine Hinterrachse mussten fast taeglich angezogen werden. Nur wenige Tage vor diesem Blogeintrag, zerbrach der zweite Kugellagerring. Das Rad schwankte so sehr, dass es in Kontakt mit dem Fahrradrahmen kahm. So schnuerte ich mein Ruecksack vom Gepaeckstraeger und stiess das Fahrrad die letzten Meter bis zum Schlafplatz.

Abgesehen von den erwaehnten Problemen, genossen wir die Fahrt durch die beeindruckende Mongolische Natur. Waehrend ungefaehr fuenf Tagen begegneten wir keinem Haus. Nur etwas mehr als eine handvoll Gers (Jurten) befanden sich am Rande unseres Pfades.Beinahe taeglich regente es. Jedoch immer nur fuer kurze Zeit. Wolken praesentierten sich und verschwanden sehr schnell. An einem dieser Tage zeigten sich uns ein frablich sehr intensiv leuchtender Regenbogen. Oberhalb dieses Lichtspiels erschein noch ein zweiter, etwas weniger stark leuchtend, Bogen.
Wasser konnte uns sehr oft erfreuen. Vorallem als unsere vollen Trinkflaschen immer weniger wurden und sich kein Dorf in der Umgebung befand. Entaeuschend war nur, als das Wasser in einem gesichteten Wasserloch salzig war. Aber auch falls es sich in grossen Massen in den Weg stellt, kann es mehr Aerger als Freude bereiten.
Wie am Beispiel des Flusses Tschuja. Eine bis zwei Tagesreise vor der Russischen Grenze tauchte dieser grosse Fluss vor uns auf. Einige betrunkene und unsympathische Einheimische versuchten uns eine Ueberfahrt in Ihrem Traktor aufzuzwingen. Als wir versuchten ihnen klar zu machen, dass wir selber nach einem Weg suchen wollen, wurde einer von ihnen handgreiflich. Kurz spaeter mussten diese Leute andere Fahrzeuge durch das Wasser bringen. Diesen Moment wussten wir zu nutzten und verschwanden Flussaufwaerts. Dort fand Gabriel eine Stelle, wo sich das Wasser so teilt, dass wir von Sandbank zu Sandbank bis ans andere Ende des Flusses gelangen konnten. Zuvor versuchte er an diversen anderen Orten, vergeblich, den Fluss zu ueberqueren. Das ganze Unterfangen dauerte vom Mittag bis zum Abend.Am folgenden Abend erreichten wir Zaganur. Eine Ortschaft kurz vor dem Grenzuebergang zu Russland. Dort trafen wir auf einen auftringlichen jungen Mann, welcher uns energisch sein Heim als Unterkunft anbot. Auf Schritt und Tritt folgte er uns und wollte nicht verstehen, dass wir sein ueberteuertes Angebot dankend ablehnen.Gluecklicherweise bot uns die Familie, in wessen Geschaeft wir unser Proviant kauften, einen Tee in ihrem Haus an. So freundlich wie sie waren, fragten wir um einen Schlafplatz fuer eine Nacht. Sie liessen uns nicht nur gerne bei ihnen uebernachten, sondern luden uns noch zum Nachtessen ein. Zuerst standen unzaehlige Suessigkeiten auf dem Tisch. Ich dachte dies sei das Essen und stopfte mich voll mit Schockolade, Biscuits und diversen anderen Zuckersachen. Erst um etwa 23:00 Uhr erkannte ich, dass etwas warmes gekocht wurde. Zuerst ein wenig enttaeuscht ueber meinen vollen Bauch, aenderte sich meine Stimmuing schnell wieder, als ich erkannte, was uns gerade aufgetischt wurde. Ein ganzer Schafskopf und dessen Innereien.
Am naechsten Morgen, radelten wir bis wenige Kilometer vor die Landesgrenze und schlugen dort unsere Zelte fuer zwei Naechte auf.
Auf einem Huegel, ausser Sichtweite der Strasse, warteten wir bis unser Russland Visa beginnt.
Seit dem 17.06.2011 befinden wir uns nun in Russland. Die Fahrt durch das Altai Gebirge war anders als in der Mongolei, aber es boten sich uns ebenfalls wunderbare Landschaftsbilder an. Gabriel und Kyko die bereits Kanada bereisten, sagten mir es sieht hier aus wie in Kanada. Berge, Fluesse, Waelder, gruene Wiesen.
Die Russischen Leute welche wir bis anhin trafen, sind meistens sehr freundlich, hilfsbereit und sehr gastfreundlich.
Bier und Vodka trinken auch sie sehr gerne, aber auf unserem Weg trafen wir auf merklich weniger Betrunkene als in der Mongolei.
Vor wenigen Tagen campierte eine Gruppe von drei Russen und ihren Frauen in der Naehe von unserem Nachtlager. Kurzerhand luden sie uns zu Essen und Vodka ein.
Als sie erfuhren, dass wir durch ihren Wohnort (Biysk) reisen werden, gaben sie uns auf nette Art zu verstehen, dass wir bei ihnen ein Bad nehmen sollen. Bier, Vodka und Essen wird es ebenfalls geben und wir koennen bei ihnen schlafen.
Schlussendlich wohnten wir zwei Naechte mit einem der Paare und ihrer Tochter. Es fuehlte sich an, wie ein Besuch bei Freunden in den Sommerferien. An einem der sommerlich warmen Tage gingen wir schwimmen. Am Abend feines Essen, viel Bier und Sauna.
Das erfreuliche ist, obwohl wir keine gemeinsame Sprache sprechen, konnten wir uns fast immer verstaendigen und hatten viel zu Lachen.
Vielleicht redeten wir aneinander vorbei, doch solange jeder denkt er weiss was der andere erzaehlt, ist es doch ganz okay?
Wie oft sprechen denn Menschen mit der selben Muttersparche aneinader vorbei?
Wir wollten jedoch laenger als nur zwei Tage vom radeln pausieren. Anderseits wollten wir auch nicht aufdringlich werden und fuer viele Tage in ihrem Haus bleiben. Manchmal kann es auch anstrengend sein, den ganzen Tag ohne Sprache zu kommunizieren.
Somit wechselten wir unser Lager zu Couchsurfer.
Es war relativ schwer, den Anderen zu erklaeren, dass wir zwar aus ihrem Haus gehen, aber noch immer in Biysk bleiben und sie am Abend an einem Konzert (in Begleitung mit zwei Couchsurfer) treffen werden. Auf jedenfall waren am Ende alle zufrieden.
Es ist schoen, dass die Couchsurfer Englisch und auch Deutsch sprechen und besonders, dass es sehr viel zu lachen gibt. Wir werden Biysk in aeusserst guter Erinnerung behalten.

Mit einem neuen Hinterrad an meinem Fahrrad, soll es morgen weiter Richtung Kasachstan geh'n.