Sonntag, 4. November 2018

Smog in Krasnojarsk und die faulen Ausreden der Politiker

Über die Internetseite blablacar.com liess sich eine Mitfahrgelegenheit, ins 470 km entfernte Nizhny Novgorod, finden. 
Zwei Nächte bei sehr liebevollen Couchsurfern reichten vollkommen aus, um diese Stadt zu sehen.
Kasan, Ekaterinburg, Novosibirsk und Krasnojarsk hiessen weitere Stopps auf unser Fahrt nach Irkutsk.
Kasan kann man gut besuchen, damit man nicht ohne Zwischenhalt von Moskau bis nach Irkutsk, an den Baikalsee, oder sogar bis ans andere Ende des Landes, nach Vladivostok, reisen muss. Moskau bis Irkutsk dauert drei Tage im Zug. Total sechs Tage wenn man bis Vladivostok durchfahren möchte.
Ekaterinburg lag einfach zwischen Kasan und Novosibirsk und schien uns eine gute Möglichkeit die ansonsten 36 Stunden andauernde Fahrt zu unterbrechen. Neben der Blutkirche, die für die im Jahre 1918 ermordete Zarenfamilie im Jahre 2003 eingeweit wurde und ein rege besuchter Walfahrtsort sei, gab es für uns jedoch nicht viel zu sehen.
Novosibirsk (20 Stunden im Nachtzug von Ekaterinburg) kann man sehr gut auslassen.
Am interessantesten waren die Strassenunterführungen für Fussgänger, die als kleine Einkaufsstrassen mit Mikrogeschäften daher kommen. Angenehm für die Verkäufer ist die Tatsache, dass Türen bei den jeweiligen Ein-, respektive Ausgängen, die geheitzten Gänge vor der sibirischen Kälte schützen. Bei unserem Besuch in Novosibirsk mussten wir nur Schneefall bei -2 Grad aushalten, im tiefen Winter wird es dann aber so richtig Kalt. Unser Gastgeber, 12 Stunden Zugfahrt später in Krasnojarsk, erzählte uns von unter -40 Grad im vergangenen Winter.

Das von Bergen umgebene Krasnojarsk hat eine grosse Aluminiumproduktion. Ist es Windstill, führen gefährliche Benzopyren Emissionen aus der Aluminiumschmelze und die Luftverschmutzung des lokalen Kraftwerks zu dunklem Smog über der Stadt.
Wir trafen eine junge Familie für die diese dreckige Luft einer der Hauptgründe ist, warum sie unbedingt auswandern möchte. Das vor kurzem gekaufte Land und das darauf zu bauen begonnene Häuschen (ausserhalb der Stadt) sowie ihre gemütlich, modern hergerichtete Wohnung möchten sie verkaufen und ab nach Neuseeland verreisen, wo der Mann studieren und die Frau arbeiten kann. Nun steht jedoch noch die grosse Hürde 'Sprachkenntnis' im Weg. Um das erforderliche Sprach-Zertifikat zu erhalten, stehen sie um 5 Uhr in der Früh auf und büffeln Englisch, bevor es für den Vater um 7 Uhr zur Arbeit geht und für die Mutter gilt, sich um den zwei jährigen Sohn zu kümmern. Die Politik, Korruption und die langen, kalten Winter sind weitere Gründe um von diesem Flecken der Erde wegzugehen. Vor Ort setzten sie mit der Teilnahme an Demonstrationen gegen die aktuelle Politik und die Luftverschmutzung ein Zeichen. Laut ihren Erzählungen können sich nur gegen die 200 Personen für diese Kundgebungen motivieten. Dies in einer Stadt mit mehr als einer Million Einwohner, in der die Luftverschmutzung alle betrifft. Die Politiker trösten die Leute mit Argumenten, dass die Luft in Peking noch schlechter sei und man sich dem Problem jetzt nicht annehmen kann, wo Russland Geld für den Krieg in Syrien braucht. 'Was interessiert mich das? Ich lebe nicht in Peking und den Krieg in Syrien habe ich auch nicht gewollt!' lautet eine der Antworten aus der Lokalbevölkerung. Wir verstehen diese Familie mit Plänen zur Auswanderung sehr gut, mussten wir doch selber die verschmutzte Luft einatmen und sahen wie schwarze Rauchwolken in die Luft stiegen. Die Stadt selber hat auch nicht viel zu bieten und solch lange Winter wären ebenfalls nichts für uns. Das einzige was sich lohnen soll, diesem Ort einen Besuch abzustatten, ist der an den südlichen Stadtrand angrenzende Stolby Nationalpark. Ein kurzer Spaziergang in dieser Umgebung stand bei Erna und mir auch auf dem Plan. Das garstige Wetter hielt uns schlussendlich davon ab. So tragen wir doch auch nicht wirklich geeignetes Schuhwerk und Hosen um länger den hiesigen Temperaturen zu trotzen. Ein Spaziergang bis zu einer zufällig entdeckten Markthalle am nördlichen Ende der Stadt,
dann hinauf auf einen kleinen Hügel mit Kapelle und rasch wieder zurück in ein warmes Kaffee im Stadtzentrum, musste als Ersatz zum Nationalpark-Besuch genügen.


Am nächsten Tag wartete eine 20 stündige Zugfahrt nach Irkutsk, und zum tiefsten Süsswassersee der Welt (Baikalsee), auf uns.