Donnerstag, 22. November 2018

Grenzübertritt - Zabaykalsk/Manzhouli

Zabaykalsk erreichten wir am Morgen. Es blieben uns etwa zwei Stunden bis zur Abfahrt des Zuges über die Grenze nach Manzhouli. Die Zeit verbrachten wir, ein Kaffee suchend, mit einem sehr kurzen Spaziergang in der Umgebung des Bahnhofs.
Schnell wurde uns klar, dass wir gut entschieden, eine Nacht in der chinesischen Grenzstadt und nicht in Zabaykalsk zu verbringen. Dieser russische Ort erschien uns genau so, wie man sich ein verruchtes Grenzstädtchen vorstellt. Staubig, dreckig, herunter gekommen und einige wenige alte Autos, gegenüber der Bahnstation, deren Fahrer uns auf russisch ansprachen. Allem Anschein nach inoffizielle Taxis.
(Kurz vor Zabaykalsk, nahe der Grenze zur Mongolei)

Weil wir für das China Visum jeweils ein Ticket für die Ein- und Ausreise organisieren mussten, waren wir bereits im Besitz der Fahrkarten für die wenige Kilometer durch's Grenzgebiet. Die Russische Bahn verkaufte online keine Billette für eine Fahrt nach China. Jedoch konnte auf www.realrussia.co.uk (für eine Bearbeitungsgebühr von 20 USD/Ticket) diese, ungefähr Sfr. 5.- günstigen Fahrscheine, bestellt werden. Das Original mussten wir dann in Moskau abholen. Diese Webseite kann ich auch sehr empfehlen, falls jemand ein Einladungsschreiben für den Visumantrag benötigt. Das Ausreiseticket (Nachtzug von Nanning nach Hanoi) bestellten wir auf www.travelchinaguide.com. Der Vorteil dieser Webseite ist, dass wir die Tickets lange vor dem Verkaufsdatum reservieren und bezahlen konnten. Eine Bestätigung davon reichte dem Chinesischen Konsulat in Zürich dann auch schon aus, unsere pünktliche Ausreise als gewährleistet zu betrachten.
In der Zwischenzeit annulierten wir den Kauf früh genug (bevor die Billette tatsächlich gekauft werden konnten) und erhielten sowohl die Ticketkosten als auch die Servicegebühren vollumfänglich rückerstattet. Die Travelchinaguide Homepage eignet sich herrvoragend, um Zugverbindungen und Preise ausfindig zu machen. Im Gegensatz zur Webseite der Chinesischen Bahngesellschaft und den Billetteschaltern an den Bahnhöfen, akzeptiert Travelchinaguide ausländische Kreditkarten. Möchte man die dort verlangte Servicegebühr von $ 5.49/Fahrschein sparen, muss man am Bahnhof mit Bargeld bezahlen. Hilfreiche Informationen zu Sehenswürdigkeiten, aber auch aktuelle Karten der Metro in Peking oder Shanghai, findet man ebenso auf oben erwähnter Internetseite. Ganz im Gegenteil zu Google.maps, wo momentan die Metro Linie 14 (in Peking) noch fehlt. Vielleicht hat das etwas damit zu tun, dass zur Zeit Google-Produkte von der Chinesischen Regierung gesperrt werden. Um solche virtuellen Blockierungen zu umgehen, ist eine VPN Verbindung notwendig. ExpressVPN wurde uns empfohlen und scheint sehr gut zu funktionieren. Während 30 Tagen kann dieses kostenpflichtige Produkt getestet werden (Geld-zurück-Garantie).

So, genug Tips für den Moment.
Die knapp 30 minütige Zugfahrt, über die Grenze, dauerte bloss so lange, weil der Zug unterwegs anhielt. Chinesische Grenzwärter kontrollierten Ausweise und verteilten Einreise-/Ausreisekarten. Angelangt am Bahnsteig, ging es sogleich in die Immigrations-Zone wo man mich fragte, den Pass durchblätternd, ob das mein erster Aufenthalt in China werden soll. 'Nein, dies wird mein dritter Besuch', gab ich offen zu. Nachdem der Pass nochmals genaustens durchsuch war, wiederholte die Grenzbeamtin ihre Frage mit dem Zusatz: 'Haben sie einen alten Reisepass? Kann ich ihn sehen?',
'Ich hatte einen alten Pass. In der Schweiz werden diese jedoch zurück behalten, erhält man ein neues Reisedokument ', erwiderte ich (nicht erwähnend, dass auf Verlangen des Passbesitzers der Alte behalten werden kann. Ich hatte meinen leider nicht dabei). Nach kurzer Rücksprache mit einem anderen Angestellten, fragte sie mich nochmals: 'Sind sie zum ersten mal hier?'. Ich wusste nun nicht was besser ist, auf meiner Antwort zu beharren oder die Option 'aha so, ich verstehe, dies soll mein erster Aufenthalt in China werden' zu wählen. 'Vielleicht macht sie weiter so, bis sie die Antwort erhält die sie hören möchte?', fragte ich mich selber. Ich blieb bei meiner Aussage und wurde zurück geschickt, zum Warten. Wenige Minuten später wurde ich nach vorne gewunken und erhielt, ohne weitere Fragen, den Einreisestempel in den Pass gedrückt
Ernas Indonesischer Reisepass musste nach der Einreiseerlaubnis zuerst noch einem Typen ins Büro gebracht werden. Dort wurde jede einzelne Seite kopiert. Sie kommt aus einem sogenannten 'Risikoland', wie mir ein Beamter, um Verständnis bittend, erklärte. Trotz allem waren sie freundlich und wir empfanden die Situation nicht als Schikane. Mittlerweilen war die Halle leer und die ersten Beamten entledigten sich ihrer Westen, parat für die Mittagszeit. Sobald Erna den Pass ausgehändigt erhielt, verabschiedeten sie sich lächelnd und verliessen den Raum nach draussen. Wir waren noch nicht ganz so weit, wollten noch kurz zur Toilette. Der letzte Beamte zeigte rasch hinter die Passkontroll-Zone, wo wir das WC finden sollten, und verschwand. Für mich war dies sehr speziell, denn normalerweise darf man nach Einlass in ein Land, nicht mehr hinter die Immigrations-Zone. Hier schien das niemanden zu interessieren.

Mittwoch, 21. November 2018

Russland im Zug

Reisen im Zug durch Russland empfanden wir als angenehm, günstig (siehe auch Tabelle unten) und einfach zum selber organisieren. An dieser Stelle grossen Dank an www.indiereisen.de, wo wir doch die eine oder andere hilfreiche Information über diese Zugreise gefunden haben.

Persönliche Erfahrung
Zugpassagiere bemühen sich während der Nacht meistens leise zu sein, um niemanden am Schlaf zu hindern.
In den Nachtzügen empfehlen wir den Schlafplatz nicht am Ende oder Beginn des Wagens zu buchen, weil sich dort die WC's befinden. Ebenfalls sind in den 3. Klass Schlafwagen (die wir jeweils benutzten) die Schlafgelegenheiten entlang des Ganges nicht optimal, falls man nicht gerne fremde Füsse, die über die Bettränder der 4-er Abteile heraus lugen, in Gesichtsnähe wissen möchte.
Kissen, ein Frottiertüchlein und frische Bettanzüge werden vom Zugbegleitpersonal ausgehändigt. Wolldecken stehen ebenso zur Verfügung. Eines Morgens erkannte eine ältere Dame, dass ich im Halbschlaf mit dem Leinentuch kämpfte um mich wieder ganz zuzudecken. Sofort ergriff sie eine dieser Wolldecken und legte sie mütterlich über mich.
Heisswasser für Kaffee, Tee oder Fertig-Nudelsuppen gibt es in allen Wagen.
Seife und WC Papier nimmt man besser selber mit, ausser es spielt keine Rolle wenn erwähntes nicht immer zur Verfügung steht.
Es gibt einen Fahrplan, angschlagen an der Türe der Zugbegleitperson, auf dem längere Bahnhofaufenthalte ersichtlich sind. Gut zu wissen falls man mal kurz raus möchte um Getränke oder Essen zu kaufen. Obschon man auch eine kleine Auswahl an Essen, Snacks und Getränken im Zug findet.
Ich glaube, in allen Zügen gab es einen Restaurantwagen.
Die Züge waren immer auf die Minute genau pünktlich, egal wieviele Tage sie schon auf der Reise waren.
Was mich erstaunte ist die Tatsache, dass das Zugpersonal während den tagelangen Fahrten nicht ausgewechselt wird. Klar, es waren pro Wagen zwei Begleitpersonen eingeteilt die abwechslungsweise Dienst hatten. Aber dienstfreie Zeit verbrachten sie trotzdem im Zug. Immerhin erhalten sie nach erreichen des Endbahnhofs genau so viele Tage frei wie sie gearbeitet haben. Dieser Endbahnhof ist nicht immer der Gleiche, was vermutlich genau den Reiz dieses Jobs ausmacht.
Unser Zugpersonal, wie auch die Fahrgäste, sprachen nie Englisch. Einmal ergab sich die glückliche Situation, dass eine Begleiterin vor Jahren einmal in Deutschland als Au Pair gelebt hatte. Mit ihr konnte man sich auf Deutsch austauschen und einige der zuvor erwähnten Informationen erfahren.
Während einer anderen Fahrt erfuhr ich von einer Frau, die auch der deutschen Sprache mächtig war, dass Sie zwei Nächte im Zug verbrachte, um ihren Ehemann, der als Soldat Tausende Kilometer entfernt stationiert ist, während eines verlängerten Wochenendes, zu besuchen.

Die Russen die wir getroffen haben, trinken viel Tee, wenig bis kein Vodka und sind grosszügige Gastgeber. Die aller meisten Leute sind mit der russischen Politik nicht glücklich, erkennen die staatliche Propaganda und finden Putin scheisse.
Wenn man auf Leute freundlich zugeht, verwandelt sich ihr grimmiger Gesichtsausdruck oft in ein Lächeln.
Ausser der Umgebung um den Baikalsee, gibt es aus dem Zugfenster nicht viel zu sehen.

Fahrkosten- und Distanztabelle, Schweiz - Russland
Von
Nach
Verkehrsmittel
*Preis in CHF
**Distanz in km
Rapperswil
Zürich HB
Zug
17,6
35
Zürich HB
Hamburg HB
Nachtzug, 6-er Schlafabteil
250
860
Hamburg HB
Lübeck
Zug
34
70
Lübeck
Travemünde
Bus
7
20
Travemünde
Helsinki
Fähre, 2-er Aussenkabine
430
1130
Helsinki
St. Petersburg
Schnellzug
76,6
420
St. Petersburg
Moskau
Schnellzug
101
700
Moskau
Nizhny Novgorod
Blablacar
24,3
415
Nizhny Novgorod
Kasan
Nachtzug 3. Kl. Schlafwgn.
43,7
400
Kasan
Jekaterinburg
Nachtzug 3. Kl. Schlafwgn.
68
900
Jekaterinburg
Novosibirsk
Nachtzug 3. Kl. Schlafwgn.
71,5
1600
Novosibirsk
Krasnojarsk
Zug 3. Kl. Schlafwgn. (Tag)
35
750
Krasnojarsk
Irkutsk
Nachtzug 3. Kl. Schlafwgn.
53
1060
Irkutsk
Baykalsk
Zug 3. Kl. Schlafwgn. (Tag)
18,5
140
Baykalsk
Chita
Nachtzug 3. Kl. Schlafwgn.
47
900
Chita
Zabaykalsk
Nachtzug 3. Kl. Schlafwgn.
44
450
Zabaykalsk
Manzhouli
Zug
50
10
 
 
 
 Total
CHF 1'371.20
9'860 km
 
*Preis für 2 Pers.
**Ungefähre Distanz

Montag, 19. November 2018

Gastfreundschaft in Chita

Chita hiess die nächste und letzte Ortschaft, bevor China auf uns wartete .
Ausser unsere liebevollen Gastgeber gab es nicht viel was uns in Erinnerung bleiben wird. Sie holten uns am Morgen auf dem Bahngleis ab und fuhren uns sogleich in ihr Studio Apartement. Bevor wir überhaupt erkennen konnten, dass es etwas eng für vier Leute sein könnte, abgesehen davon, dass nur ein grosses Bett dort stand, erhielten wir einen Wohnungsschlüssel ausgehändigt mit den Worten: 'Dies ist euer Schlüssel, ihr könnt euch ausruhen und wir sehen uns etwas später wieder. Wir werden dann am Abend in unserem Wochenendhaus übernachten.' Für's Nachtessen gingen wir zusammen einkaufe. Wir kochten Lasagne während dessen die Frau Apfelkuchen backte. Eine Flasche Rotwein später, verabschiedeten sie sich bis zum nächsten Morgen. Zum Mittagessen waren wir von ihrer Kollegin und deren Ehemann eingeladen. Doch zuvor besuchten wir ihre kürzlich eröffnete Sprachschule, um einer Handvoll Schülern etwas in englischer Sprache zu erzählen. "Es ist egal was ihr erzählt, hauptsach die Schüler können Ausländern beim Englisch sprechen zuhören", erklärte man uns in der Bitte um diesen kleine Gefallen. Wir taten das gerne, hatten wir doch keine Pläne und viel Zeit bis zur Weiterreise am späten Abend. Noch ein kurzer Spaziergang im nahe gelegenen Wald, wo uns der schöne Anblick einer kleinen Schneedecke und ein bereits zugefrorener Fluss erwartete, und schon bald befanden wir uns wieder am Bahnhof wo uns der letzte Nachtzug auf unserer Reise durch Russland, erwartete.

Sonntag, 18. November 2018

Irkutsk und Baikalsee

Irkutsk ist sicher auch ein kurzer Aufenthalt wert.
Intessant ist eine grüne, auf den Boden gemalte Linie, die durch den historischen Stadtteil führt. Geht man diesem Strich nach, trifft man immer wieder Informationstafeln mit Details zu einem dahinter stehenden Gebäude oder einer der unzähligen Statuen in der Stadt.
Eines der interessanten Gebäude ist das ehemalige Haus des Decembrist Volkonskaya (der wegen eines Aufstandes nach Sibirien ins Exil/Arbeitslager gesandt wurde). Heutzutage ist es ein eindrückliches Museum, das es schaffte, uns knapp zweihundert Jahre zurück zu versetzen und uns einen kleinen Einblick in sein Leben, und das seiner Familie, zu geben.
Ansonsten trifft man in dieser Ortschaft, wie auch in vielen anderen russischen Städten, immer wieder auf traditionelle Holzhäuser. Manchmal ist es zwar witzig diese in die Jahre gekommenen Bauten anzuschauen, doch muss man leider davon ausgehen, dass nur ein extrem leiner Bruchteil für die Zukunft erhalten bleibt (wir haben in all den Städten bloss ein renoviertes Holzhaus gesehen).
Diese Häuser sollen denkmalgeschützt sein. Doch der Staat investiert offensichtlich kein Geld in dessen Restauration und die Besitzer verfügen entweder über kein dafür notwendiges Geld oder sind an deren Erhalt nicht interessiert. So tauchen nicht wenige, halb abgebrannt im Stadtbild auf, und scheinen auf den Tag zu warten, an dem ein modernes Gebäude ihren Platz einnimmt.

Schon wenige Stunden nach unserer Ankunft in Irkutsk, nahm uns unser Gastgeber auf einen Ausflug mit. Zuerst ein kurzer Aufenthalt in einem Freilichtmuseum und dann ab nach Listvjanka, in ein sehr touristisches Dörfchen am Baikalsee. Saisonbedingt trafen wir glücklicherweise nicht auf die vorangekündigte Menschenmenge und konnten sowohl in Ruhe Fisch auf dem Markt kaufen
als auch die von den aufpeitschenden Wellen in Eis gehüllten Büsche und Bäumchen fotografieren. Fotos vom See mit schneebedeckter Bergkette im Hintergrund entstanden ebenfalls. Ein Sujet das mich stark an die schweizer Alpen erinnerte.

Baykalsk, ein kleines Dorf am südlichen Ende des Sees. Dort erklärte ein weiterer Gastgeber treffend: "Listvjanka ist, neben der Olchon Insel, der wohl berühmteste Ort um den Baikalsee zu besuchen. Weil  er am schnellsten und einfachsten von Irkutsk aus zu erreichen ist. Doch kann man genau so gut in Baykalsk, oder sonst irgendwo, die Weite des Sees (Länge 673 km, breiteste Stelle 82 km) bestaunen, und hat erst noch seine Ruhe vom Touristenauflauf."
Das ist definitiv so. Leider hatten wir zu wenig Zeit, aber auch die eisigen Temperaturen hielten uns vor einem Trip mit ihm in die nahen Berge ab. Von dort oben soll man einen wunderbaren Ausblick auf die Natur, in der der Baikalsee eingebettet ist, geniessen können. Falls jemand an Ski-oder Bergtouren, abseits touristischen Wegen, beim Baikalsee interessiert ist, unseren Gastgeber aus Baykalsk kann ich als Begleiter sehr empfehlen. Abgesehen davon, dass er gut Englisch spricht und ein gutmütiger, lustiger Kerl ist, wuchs er am See auf und ging bereits als kleiner Junge oft mit seinem Vater Wandern oder Skifahren (fern der präparierten Pisten des Skigebiets).
Für Erna und mich musste die Zugfahrt entlang des Baikals, und ein Spaziergang am Ufer des Sees genügen.
Die Eisenbahnstrecke entlang des tiefsten (1642 Meter) und ältesten (mehr als 25 Millionen Jahre) Süsswassersees der Erde, ist, unserer Meinung nach, die interessanteste Strecke seit St. Petersburg.
Es handelt sich zwar bloss um eine Fahrt entlang eines Gewässers vor einer Bergkulisse, ist aber eine willkommene Abwechslung zu den Birkenbäumen und kleinen Dörfern die zuvor tagelang am Fenster vorbeisausten. Okay, vielleicht stimmt meine Aussage so nicht ganz, verbrachten wir doch hauptsächlich die Nächte im Zug und verschliefen die Birkenbäume, vorbei sausenden Dörfer und was sich sonst noch neben den Geleisen befand.